Deutschland - Neue Verordnung (KryptoFAV) ermöglicht die Ausgabe von digitalen Fondsanteilen auf der Blockchain

 
September 02, 2022

Auf einen Blick:

  • Die neue Verordnung über Kryptofondsanteile (KryptoFAV) ermöglicht die digitale Ausgabe von Anteilscheinen an deutschen Investmentfonds als sogenannte Kryptofondsanteile.

  • Die Begebung der Kryptofondsanteile erfolgt über dezentrale Kryptowertpapierregister, typischerweise auf Basis der Distributed-Ledger Technology (DLT) bzw. auf einer Blockchain.

  • Dabei erfolgt die Führung des jeweiligen Kryptowertpapierregister durch die Verwahrstelle des Fonds oder durch ein von ihr beauftragtes Unternehmen, das über eine Erlaubnis zur Kryptowertpapierregisterführung verfügt.

  • Diese Verordnung gilt für Anteile an deutschen Investmentvermögen in der Rechtsform von Sondervermögen (Vertragsform), nicht jedoch für Investmentvermögen in der Gesellschaftsform.

  • Die KryptoFAV trat am 18. Juni 2022 in Kraft.

Hintergrund: Einführung von elektronischen Wertpapieren durch das eWPG

Die KryptoFAV ergänzt das Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren1, das im Juni letzten Jahres in Kraft getreten ist. Kernstück dieses Artikelgesetzes war das Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWPG), welches auf Inhaberschuldverschreibungen Anwendung findet. (Zum weiteren Hintergrund: “An Overview of German Legislative Initiatives Impacting Asset Managers and Financial Service Providers in Germany and Abroad) Durch den im Zuge des Erlasses des eWPG geänderten § 95 des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) wurde bereits für deutsche Sondervermögen die Möglichkeit zur Begebung von Fondsanteilen in elektronischer Form geschaffen. Damit entfiel die Notwendigkeit einer physischen Verbriefung (bspw. in einer Globalurkunde); denn nach dem geänderten § 95 (1) KAGB kann die Urkunde bei auf den Inhaber ausgestellten Anteilscheinen durch Eintragung in ein zentrales elektronisches Wertpapierregister ersetzt werden.

Allerdings war es bisher nicht vorgesehen, Kryptofondsanteile, d.h. elektronische Fondsanteile, die nicht in ein zentrales Register, sondern in ein (dezentrales) Kryptowertpapierregister eingetragen sind, zu begeben. Der deutsche Gesetzgeber hat die Einführung von Kryptofondsanteilen zunächst zurückgestellt, um die Besonderheiten von Anteilen an Investmentfonds im Vergleich zu Wertpapieren im Hinblick auf die Eintragung in dezentrale Kryptowertpapierregister noch besser Rechnung zu tragen. Insbesondere war vorgesehen die spezielle Rechtsstellung der Verwahrstelle mit entsprechenden Regelungen zu würdigen. Aus diesem Grund überließ der Gesetzgeber mittels einer entsprechenden Verordnungsermächtigung2 dem Bundesministerium der Finanzen zusammen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz nach Abwägung und Berücksichtigung dieser Besonderheiten die entsprechende Feinjustierung betreffend die spezielleren Vorschriften für Kryptofondsanteile nachträglich vorzunehmen.

Regelungen der KryptoFAV

Die beiden Ministerien haben nun mit Erlass einer gemeinsamen Verordnung, der KryptoFAV, diese fehlenden Regelungen ergänzt und damit die Rechtsgrundlage geschaffen, die die Begebung von Kryptofondsanteilen in Deutschland ermöglicht. Grundsätzlich legt die sehr knapp gehaltene Verordnung fest, dass im Allgemeinen die relevanten Vorschriften aus dem eWPG zu den Kryptowertpapieren auf die Kryptofondsanteile entsprechend Anwendung finden. Damit soll ein gewisser Gleichlauf zwischen Kryptowertpapieren und Kryptofondsanteilen hergestellt werden. Eine entscheidende Abweichung ergibt sich allerdings, wie im Folgenden dargestellt, hinsichtlich der Vorschriften für die registerführende Stelle.

Dies hat zur Folge, dass Anteile an einem deutschen Investmentvermögen in der Rechtsform von Sondervermögen nun auch als Kryptofondsanteile begeben werden können, die nicht wie die elektronischen Wertpapiere oder elektronischen Anteilscheine in ein zentrales Wertpapierregister eingetragen sind, sondern in ein sogenanntes Kryptowertpapierregister. Da Kryptowertpapierregister gemäß § 16 (1) eWPG auf einem fälschungssicheren Aufzeichnungssystem geführt werden müssen, in dem Daten in der Zeitfolge protokolliert und gegen unbefugte Löschung sowie nachträgliche Veränderung geschützt gespeichert werden, wird für gewöhnlich für ein solches Kryptowertpapierregister die DLT bzw. eine Blockchain verwendet.

Somit können Kapitalverwaltungsgesellschaften für die von ihr verwalteten Sondervermögen Anteilscheingeschäfte „auf der Blockchain“ vornehmen können.

Elektronische Anteilscheine sowie Kryptofondsanteile können nur für Sondervermögen, also Investmentvermögen in Vertragsform, und ausschließlich als auf den Inhaber lautende Anteilscheine begeben werden. Anteile, die auf den Namen lauten, sowie Aktien an Investmentaktiengesellschaften und Kommanditanteile an Investmentkommanditgesellschaften fallen nicht in den Anwendungsbereich und müssen demnach weiterhin verbrieft werden (bspw. in einer Globalurkunde).

Die Verordnung enthält die Klarstellung, dass ein Sondervermögen bzw. dessen einzelne Anteilklassen zeitgleich sowohl als Kryptofondsanteile als auch als (klassische) verbriefte Anteilscheine begeben werden können. Dies sollte den Kapitalverwaltungsgesellschaften maximale Flexibilität bieten.

Hinsichtlich der Vorschriften zur registerführenden Stelle weicht die Verordnung allerdings von den weiten Regelungen des eWPG ab. Als registerführende Stelle können bei Kryptofondsanteilen lediglich die Verwahrstelle und von ihr beauftragte Unternehmen fungieren, die über eine Erlaubnis zur Kryptowertpapierregisterführung3 verfügen müssen. Im Verordnungsentwurf war zunächst vorgesehen, dass einzig die Verwahrstelle das Kryptowertpapierregister führen darf. Diese Einschränkung wurde damit begründet, dass die Verwahrstelle in die Lage versetzt werden muss, ihren Aufgaben gemäß §§ 68ff. und 80 ff. KAGB im Verhältnis zu den Anlegern nachzukommen.4 Unternehmen, die über eine Erlaubnis zur Wertpapierregisterführung verfügen, an der Registerführung bei Kryptfondsanteilen auszuschließen, wurde in der Konsultationsphase der Verordnung von Industrieverbänden kritisiert. Daraufhin hat der Verordnungsgeber die oben beschriebene Ergänzung vorgenommen und der Verwahrstelle die Möglichkeit eröffnet, Dritte, die mit entsprechender Erlaubnis ausgestattet sind, mit der Registerführung zu beauftragen. Die Verwahrstelle muss allerdings sicherstellen, dass sie ihren gesetzlichen Aufgaben und Verpflichtungen auch bei einer solchen Beauftragung nachkommen kann.

Operative Vorteile für die deutsche Investmentindustrie durch die KryptoFAV

Die Vorteile von Kryptofondsanteile liegen insbesondere bei der Ausgabe und Rücknahme von Fondsanteilen (sogenannte Anteilscheingeschäften) auf der Hand: Durch den Wegfall der Globalurkunde bedarf es keiner weiteren Interaktion mit dem Zentralverwahrer bei der Abwicklung von Anteilscheingeschäften. Das gleiche gilt für Veräußerungen und Übertragungen von Fondsanteilen.

Insbesondere in diesem Zusammenhang ergeben sich wesentliche Vereinfachungen, da grundsätzlich Investoren direkt miteinander in rechtsgeschäftlichen Kontakt treten können. Im Rahmen der Anteilscheingeschäfte bleibt aber naturgemäß die Verwahrstelle eingebunden. Auch hier ergeben sich Vorteile, da sich die Valuta (derzeit oft T+2) zur eigentumsrechtlichen Abwicklung des Anteilscheingeschäfts signifikant reduzieren ließe, was eine handelstaggleiche Ein- bzw. Umbuchung (T+0) erleichtern kann.

Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass insgesamt der Erlass der Rechtsverordnung eine zustimmende Resonanz in der Fondsindustrie gefunden hat; so wird die Möglichkeit, Kryptofondsanteile zu begeben, als ein sinnvoller und notwendiger Schritt für die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit deutscher Fondsprodukte gesehen.5

Die nahe Zukunft wird zeigen, in welcher Intensität die deutsche Fondsbranche von den neuen Möglichkeiten zur Begebung von Kryptofondsanteilen Gebrauch machen wird. Es wird wohl auch auf die Fonds- und Anlegerstruktur sowie die im Einzelfall etablierten Prozesse bzgl. der Anteilscheingeschäfte ankommen. Denn Anleger müssen die Kryptofondsanteile auch in ihren Systemen abbilden und außerhalb des etablierten Depotbankensystems (z.B. im Rahmen einer selbstverwalteten „Wallet“) verwalten können.

Fußnoten

1) Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1423).

2) § 95 (5) KAGB enthält die entsprechende Verordnungsermächtigung.

3) Erlaubnis zur Kryptowertpapierregisterführung nach § 1 (1a) Satz 2 Nr. 8 i.V.m. § 32 (1) S. 1 Kreditwesengesetz (KWG).

4) Vgl. Begründung zum Verordnungsentwurf, abrufbar unter: Bundesfinanzministerium

5) Vgl. BVI-Stellungnahme zum Entwurf einer Verordnung über Kryptofondsanteile (KryptoFAV), abrufbar unter: Bundesfinanzministerium

6) Vgl. die Aussage von Frank Dornseifer (Geschäftsführer des BAI), in: Börsenzeiten, „Bahn frei für die Kryptofonds-Registerführer“, 17.06.2022.


Dieser Artikel wurde von Hans Stamm, Angelo Lercara und Matthias Meinert verfasst.

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